„Wenn es um deine eigene Präsenz geht, dann ist 90%, was du verkörperst und nur 10% Inhalt.” Das war einer der ersten einschlagenden Erkenntnisse von Speaker Coach und Mentorin Claudia Novak, die im Rahmen unseres Mentoring Programms mit ihrem Women on Stage Kurzseminar bei uns zu Gast war.

Claudia Novak stärkt Frauen für die Bühne ihres Lebens. Als Speaker, NLP Coach sowie Kuratorin und Speaker Coach für die TEDx in Linz bringt sie einen breiten Erfahrungsschatz mit, den sie in ihre Coachings und Seminare so einfließen lässt, dass frau für die unterschiedlichsten Bühnen gewappnet ist. Denn nicht alle wollen auf die große Bühne. Viele wünschen sich vielmehr ein selbstbewussteres Standing gegenüber ihrem Chef, möchten klarer ihre Meinung äußern und dazu stehen können, sich mehr trauen vor mehreren Personen zu sprechen oder auch souverän durch einen Workshop führen.

Authentisch ist das neue perfekt.

Statt einem Idealbild, wie frau sich zu präsentieren hat, setzt Claudia auf das Stärken der individuellen Persönlichkeit.

Und dabei kommt die von ihr geschaffene Rampenfrau ins Spiel.

Die Rampenfrau ist keine Person, die nach den klassischen Rhetorik Mustern verfährt, den Vortrag perfekt auswendig lernt oder sich in ein enges, unangenehmes Kostüm steckt. Nein, die Rampenfrau bleibt bei sich, steht mit beiden Füßen auf dem Boden und drückt auf ihre ganz individuelle Art aus, wer sie ist und für was sie steht. Sie ist geerdet und klar. Klar in ihrem Standing und klar in ihren Aussagen. Dabei lernt sie ihre Worte nicht auswendig, plant auch nicht alles bis ins letzte Detail und verausgabt sich auch nicht für ihr Gegenüber. Im Gegenteil, sie kann ihren Ablauf und das was sie sagen will wortwörtlich an einer Hand abzählen, lässt sich intuitiv auf ihr Gegenüber ein und bleibt in der Ruhe ohne den Faden zu verlieren.

Wie erwecken wir die Rampenfrau in uns?

Um die Rampenfrau in uns zum Vorschein zu holen, durfte jede einzelne zu Beginn von ihrer persönlichen Bühne erzählen, der sie sich gerne stellen möchte. Erstaunlich war dabei zu erkennen, dass es gar nicht unbedingt immer die Angst war, vor anderen zu sprechen, sondern nicht genug zu wissen, möglicherweise etwas Falsches zu sagen, nicht das zu vermitteln, was frau vermitteln will oder andere nicht mitzureißen.

„Statt mit dem Gedanken reinzugehen, beeindrucken zu wollen, fokussiert euch darauf, was ihr eurem Publikum mitzugeben habt,” erwiderte Claudia auf unsere Ängste. „Bühne ist nicht, dass ich alles weiß und perfekt bin. Bühne ist, dass ich teile, was ich habe. Und das sind meine Perspektiven und Erfahrungen sowie meine ganz individuelle Person.” Bereits nach diesen Sätzen spürten einige von uns, wie sich innerlich etwas löste und Druck von uns abfiel.

Um sich den Druck noch mehr zu nehmen, gab uns Claudia einen Klassiker aus ihrem Women on Stage Programm mit. Die sog. Fünf-Finger-Technik, bei der jeder einzelne Finger eine klare Aufgabe bzw. Aussage zugeordnet bekommt. Beginnend mit dem kleinen Finger, der als Stütze dient, zuerst einmal ins sog. „Anbandeln” mit dem Publikum zu kommen, dienen Ring- bis Zeigefinger den drei Kernaussagen, die vermittelt werden sollen, bevor der Daumen den „Sack” quasi „zumacht”. Beim letzten Punkt ist es demnach wichtig noch mal klar auf das einzugehen, was bei unserem Gegenüber hängenbleiben soll. Diese einfache Fünf-Finger-Technik hilft uns, gelassener und intuitiver zu sein. Sie ist die Basis für die 10%.

Von absoluter Kontrolle dürfen wir uns hingegen verabschieden. „Egal welche Bühne es ist, es ist immer ein gewisses Einlassen und Spielen mit dem Ungewissen. Wenn wir das mal verinnerlicht haben, wird es lockerer und angenehmer für uns,” erklärte Claudia in die gesamte Runde.

Doch was ist nun mit den restlichen 90%?

Einfache Techniken stoßen hierbei an ihre Grenzen. Und auf einmal sprachen wir über einen klaren Wert und die damit verbundenen Gefühle, die wir vermitteln wollen. Haben wir unseren individuellen Wert und die dazugehörigen Gefühle identifiziert, dann gilt es diese wie eine Art Kleid oder Neoprenanzug umzuhängen, um sie tatsächlich auch zu verkörpern.

Kopf aus und Herz an.

Unser Verstand stößt bei dieser Verkörperung jedoch schnell an seine Grenzen und wir dürfen tiefer gehen; in unser Zentrum, unsere persönliche Basis. Mittels geführter Meditation reiste Claudia mit uns zu unserem inneren Kraftort. Der Ort, wo wir ganz wir selbst sind und spüren, was wir wirklich vermitteln wollen. Der Ort, der uns Kraft gibt und dessen Essenz wir nach außen tragen dürfen.

Diese Essenz, diesen Wert, der uns wichtig ist, galt es zu spüren und sich anschließend vorzustellen, seinem Publikum mitzugeben. Mit einem Mal spürten wir, wie sich unsere Körperhaltung zu einem aufrechten Stand veränderte und wir in eine neue Form der Souveränität kamen, die gleichzeitig so viel Gelassenheit mit sich brachte. Ganz dem individuellen Wert entsprechend standen wir da und waren begeistert, welche Energie in uns freigesetzt wurde. Innere Klarheit machte sich breit, weil wir verkörperten, was wir ausdrücken wollten.

Die Rampenfrau ist erwacht

Zum Ende war vielen von uns die Erleichterung deutlich anzusehen und es gab einige Aha-Effekte, wie zukünftige Seminare, Workshops oder auch Vorträge der einzelnen Frauen gestaltet werden können, ohne immensen Druck zu verspüren oder sich verkopft und verkrampft bis ins letzte Detail vorzubereiten.

Claudia Novak hatte damit erreicht, was der Antrieb ihrer Arbeit ist: Uns in unserer Sichtbarkeit und Präsenz zu stärken.

Text: Melanie Möbus

Fotos: Tanja Gratzer