Wäre sie Frauenministerin, dann hätte Elfriede Hammerl viele Ideen, was alles zu tun ist: die Gehaltsschere zwischen Frauen und Männern schließen, Arbeit neu bewerten, über Arbeitszeitverkürzung nachdenken, Frauen besser vor Gewalt schützen … „Und über weiteres müsste ich jetzt nachdenken“, sagte die profil-Kolumnistin schmunzelnd zur Runde der Salzburger Medienfrauen, denen sie am 21. September 2020 im SN-Saal ihr Kolumnenbuch „Das muss gesagt werden“ (Kremayr & Scheriau) präsentierte. Die Moderation des Abends lag bei Michaela Hessenberger.

Viel Schmunzeln und Lächeln, aber auch viel Stirnrunzeln gab es an dem Abend, so fasste es Hessenberger zusammen: Denn die Kolumnen von Elfriede Hammerl, die seit vielen Jahren im profil erscheinen, sind kritisch und kämpferisch, befassen sich mit Migrationsfragen, Familienpolitik oder Verteilungsgerechtigkeit ebenso wie Intoleranz oder dem Älterwerden. Sie analysiert brillant, warum Frauenministerin Susanne Raab Unrecht hat, wenn sie Johanna Dohnal als „stille Heldin des Alltags“ lobt; ganz so, als sei diese eine „klaglos-funktionierende Frau“, eine Pflichterfüllerin, was nun mit Feminismus genau gar nichts zu tun hat. Oder die Kolumne „Frau Ergün bringt sich nicht ein“: Argumente aus der gutbürgerlichen Mittelschicht, die sich allen Ernstes dafür ausspricht, Migranten besser mit Strafen zu begegnen denn mit Hilfen. Keine Sorge, alles nur Ironie, gegen Ende des Textes gibt es zur Sicherheit noch ein „Also gut, jetzt im Ernst …“. Wer weiß, welche Leser*in sonst noch glauben würde, die Hammerl hätte die Seiten gewechselt.

In Kolumnen darf man so schreiben, mit allen Stilmitteln spielen, und Elfriede Hammerl beherrscht diese Klaviatur aus dem Effeff. Seit 35 Jahren schreibt sie nun schon, die Gewalt gegen Frauen ist ihr großes Thema, und darüber ist noch lange zu schreiben – Stichwort Salzburger Frauenhäuser. Worüber sie schweigt? „Überall dort, wo es ins Private geht“, sagt Hammerl an diesem Abend. Um zu ergänzen: „Es sei denn, die Betreffenden predigen Wasser und saufen Wein. Oder sie stellen etwas zur Schau, was eine Lüge ist.“

Zum Feminismus kam die gebürtige Steirerin, die in Wien groß geworden ist, weil sie sich schon früh über die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern ärgerte. Und zum Journalismus ein bissl aus Trotz: Als Studentin wollte sie ihrer Mutter beweisen, dass man auch mit Germanistik und Theaterwissenschaft eine Arbeit bekommt. Also ging sie zu einer Zeitung, um sich ihr Geld zu verdienen. Erst einmal vorübergehend, erinnert sich Hammerl, denn: Eigentlich wollte sie große Romane schreiben. Mit Beharrlichkeit und auch Glück ist letztlich „alles gut gegangen, obwohl ich keinen Karriereplan hatte“. Und auch Machtkämpfen in Redaktionen wie dem Kurier ist die kämpferische Feministin aus dem Weg gegangen, wurde später gar Freiberuflerin. Das sei aber etwas, was sie den Medienfrauen explizit nicht rät: „Tut euch Machtkämpfe an! Macht euch einen Plan, schaut, dass ihr etwas werdet in einer Redaktion.“ Und noch etwas gibt die preisgekrönte Journalistin ihren Kolleginnen mit auf den Weg: „In Frauenfragen spielt wie überall die Klassenfrage eine Rolle.“ Was das heißt? „Nur weil Frauen heutzutage selbstbewusster sind, ändert das die Strukturen noch nicht.“ Es ist also noch ein langer Weg hin zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Oder anders gesagt: Es ist die Ur-Frage des Feminismus’, sagt Elfriede Hammerl: „Wollen wir eine gerechtere Verteilung des Kuchens? Oder einen anderen Kuchen? Mehr und mehr glaube ich, es muss letzteres sein.“ Danke für die Bilder im Kopf, sagt Moderatorin Michaela Hessenberger. Mit einem kräftigen Applaus stimmen ihr die Medienfrauen zu und sagen Danke für diesen inspirierenden Abend.

Text und Fotos: Mareike Steger