Bei Hass im Internet hat der deutsche Journalist Hasnain Kazim einen ganz eigenen Zugang. Im Rahmen einer Lesung in der Panoramabar Lehen, bei der die Medienfrauen Veranstaltungspartner waren, erzählte er von seinem ungewöhnlichen Projekt: Zwei Jahre lang beantwortete er jeden einzelnen Hassbrief.

Hasnain Kazim war 17 Jahre alt, als er seine ersten Hassbriefe erhielt. Damals, Anfang der Neunzigerjahre, verbreitete sich in Deutschland eine Hasswelle gegen Menschen mit Migrationshintergrund und alle, die ausländisch aussahen. Kazim, deutscher Staatsbürger mit familiären Wurzeln in Indien und Pakistan, veröffentlichte einen Kommentar in einer deutschen Tageszeitung, in dem er die Geschehnisse verurteilte. Damit begann eine Serie an Hassbriefen, die für den jungen Journalisten Jahre später zum Alltag werden sollte. Der heute 44-Jährige schreibt für den SPIEGEL und erhält im Schnitt über 1000 Nachrichten pro Tag, die meisten davon per Mail, viele aber auch über die sozialen Netzwerke. „Manchmal lache ich darüber, aber oft ist es ein bedrücktes Lachen“, erzählte Kazim bei  seiner Lesung in der Panoramabar in Lehen. Mit der Zeit stumpfe man zwar immer mehr ab, jedoch stellt er fest: „Die Briefe haben mich verändert.“

Am 1.1.2016 beschloss Kazim, die vielen Mails nicht einfach nur mehr ungelesen zu löschen. Er begann, auf jede einzelne Hassbotschaft zu antworten – und zwar mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus. Insgesamt 854 Dialoge mit Leserinnen und Lesern führte Kazim in zwei Jahren. 52 Dialoge davon reflektiert er in seinem Buch „Post von Karlheinz“, das im April 2018 im Penguin Verlag erschienen ist.

Im Gespräch mit den Besuchern in der Panoramabar ging er auch mit der Politik hart ins Gericht: „Der Ton in der Politik hat sich geändert. Fremdenfeindlichkeit ist normaler geworden. Es werden plötzlich Dinge gesagt, die früher unmöglich erschienen“. Es liege in der Verantwortung von Journalistinnen und Journalisten, über solche Ansichten nicht einfach nur zu berichten: „Wir müssen rechtsextremes Gedankengut reflektieren, einordnen und erklären“, appellierte Kazim.

Text und Fotos: Katharina Maier