Chefdirigentin und Gründerin der Philharmonie Salzburg, Elisabeth Fuchs, hat für die Salzburger Medienfrauen aus dem Nähkästchen geplaudert: Wie sie bereits als Kleinkind die Liebe zur Musik und Mathematik entdeckte und später in relativ kurzer Zeit das komplexe, anspruchsvolle Studium absolviert hat. Wie sie in einem männerdominierten Bereich ihre Führungsrolle anlegt. Warum das Zusammenspiel von Musikern im Orchester mit der Zusammenarbeit von Mitarbeitern in einem Unternehmen vergleichbar ist. Was können Unternehmen von Orchestern lernen? Sehr vieles, wie wir in diesem inspirierenden Vortrag festgestellt haben. Folgende Kernaussagen von Elisabeth Fuchs haben uns an diesem Abend zum Nachdenken gebracht. Wir erlauben uns das Gedankenspiel, jedes Mal anstatt „Orchester“ das Wort „Unternehmen“ einzusetzen, anstatt „Musiker“ das Wort „Mitarbeiter“. „Produkt“ ersetzt „Musik/Werk“, und „Chefin“ könnte für „Dirigentin“ stehen.

Der Vortrag begann mit einem Rückblick auf die letzten 300 Jahre, innerhalb derer sich die Anforderungen an Orchestermusiker und ans Dirigieren stark verändert haben. Im Orchester zu musizieren hat sich zu einer komplexen Angelegenheit entwickelt – nicht zu vergleichen mit dem Musizieren als Solist. Ob Elisabeth Fuchs den „leicht diktatorischen Führungsstil“ bestätigen könne, den man ihr nachsagt? Sie erklärt dazu: „Je mehr Menschen im Orchester sitzen, desto mehr Führung und Führungsenergie braucht es von mir.“ „Die Idee in meinem Kopf (=die Interpretation eines Werks) ist gleichzeitig die USP eines Werks. Auch die Gesamt-Vision (= die CI) – wie präsentieren wir uns nach außen – muss von oben vorgegeben werden.“ „Das Produkt darf nie aus dem Mittelpunkt verschwinden. Man darf nie aufhören, am Produkt zu feilen.“ „Mittelmaß ist in der Musik nicht möglich: Darum braucht es eine strenge und klare Führung. Erst im perfekten Zusammenspiel aller Musiker passt es.“

Diversität sieht Elisabeth Fuchs als Erfolgsfaktor: In ihrem Orchester sind 20 Nationen vertreten, die Musik verbindet sie alle. Die beiden wichtigsten Punkte im Miteinander sind für sie der respektvolle Umgang miteinander sowie die Kommunikation. Probleme solle man sofort da ansprechen, wo sie entstehen und aus der Welt schaffen. „Jede Krise ist eine Chance, jedes Problem hat eine Lösung.“

„Eine Gruppe von Menschen muss gemeinsam an einem Strang ziehen.“ – nur so könne Musik entstehen. „Die Dirigentin muss jeden Fehler hören.“ „Im Orchester brauche ich Top-Musiker, die bleiben. Die besten Leute, die sozial kompetent sind und sich unterordnen können.“ „Die Anwesenheit aller Musiker ist in den Proben zu jeder Minute gefragt. Ich kann keine Ausnahmen erlauben (z.B. früher gehen, später kommen), sonst würde die Qualität leiden.“ Von Vorteil sei es, die Stärken jedes einzelnen zu fördern: „Jeder Mensch hat gleich viel Energie. Es sind bloß die Blockaden, die bei jedem anders verteilt sind.“

Die beiden Pole Kreativität und Struktur beschreibt Elisabeth Fuchs als besondere Herausforderung in der Führung. „Kreative Freiheit und klare Struktur müssen Hand in Hand gehen. Kreative Freiheit ist wichtig in der Musik, aber in der Probe muss ich sehr strukturiert sein. Denn jede Minute kostet sehr viel Geld.“ „Die Dirigentin kommt immer vorbereitet in eine Probe und weiß, was sie will. Die Zeit in der Probe wird effizient genützt.“ „Wenn nur ein Orchestermitglied Stress verbreitet, schwappt das über aufs gesamte Team.“

Zuletzt spricht sie von der Problematik der Ergebnisorientierung vs. Prozessorientierung und beschreibt ein hohes Maß an Selbstkritik, die sie vor allem zu Beginn ihrer Dirigenten-Karriere begleitet hat. „Mittlerweile habe ich gelernt, dass es keine perfekte Aufführung gibt. Daher lobe ich nicht das Endprodukt, ich lobe den Weg dorthin. Es geht immer nur um den Prozess.“

Text: Susanne Költringer
Fotos: Susanne Költringer und Tanja Gratzer